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Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen

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  • Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen

    Hallo,

    ich habe mir einige Beiträge in diesem Forum zu dem Thema "Kündigung wegen Krankheit" und einige im Netz veröffentlichte Erläuterungen zur Zulässigkeit angeschaut.

    Zu dem hierunter geschilderten Fall in einem Unternehmen mit mehr als 10 Beschäftigten bitte ich um eure Hilfe zu folgender Frage:

    Hätte der Arbeitgeber nicht eine gewisse Fürsorgepflicht, z.B. durch Anpassung der Arbeitsbedingungen, oder gilt die Fürsorgepflicht lediglich für Schwerbehinderte?


    Sachverhalt:

    Ein kaufmännischer Angestellter ist, bisher noch ohne anerkannten Behinderungsstatus, chronisch krank. Er nimmt spezielle Medikamente, die seine Arbeitskraft erhalten. Unvermeidbare Nebenwirkungen dieser Medikamente machen ihn jedoch viel anfälliger für Krankheiten (z.B. Erkältungen durch ständige Zugluft, was ohnehin schon eine Belastung für einen "gesunden" Menschen wäre).

    Unvorteilhafte Bedingungen am Arbeitsplatz tragen leider erheblich dazu bei, dass wiederholt Kurzerkrankungen (Dauer: 3-7 Tage) eintreten. Der Arbeitgeber hat die ungünstigen Voraussetzungen aber erst vor einigen Monaten geschaffen und ist wider besseres Wissen nicht bereit etwas daran zu ändern, obwohl Abhilfe problemlos möglich wäre.

    Gestern wurde dem o. g. Arbeitnehmer mündlich mit einer Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen gedroht.

    Ein Betriebsrat ist nicht vorhanden, weil ein Großteil der Belegschaft die Wahl eines solchen leider nicht unterstützen will.

  • #2
    AW: Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen

    Zitat von Struwel Beitrag anzeigen
    ...
    Hätte der Arbeitgeber nicht eine gewisse Fürsorgepflicht, z.B. durch Anpassung der Arbeitsbedingungen, oder gilt die Fürsorgepflicht lediglich für Schwerbehinderte?

    ...
    (z.B. Erkältungen durch ständige Zugluft, was ohnehin schon eine Belastung für einen "gesunden" Menschen wäre).

    Unvorteilhafte Bedingungen am Arbeitsplatz tragen leider erheblich dazu bei, dass wiederholt Kurzerkrankungen (Dauer: 3-7 Tage) eintreten. Der Arbeitgeber hat die ungünstigen Voraussetzungen aber erst vor einigen Monaten geschaffen und ist wider besseres Wissen nicht bereit etwas daran zu ändern, obwohl Abhilfe problemlos möglich wäre.

    Gestern wurde dem o. g. Arbeitnehmer mündlich mit einer Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen gedroht.

    Ein Betriebsrat ist nicht vorhanden, weil ein Großteil der Belegschaft die Wahl eines solchen leider nicht unterstützen will.
    Hallo,

    wenn die Kollegen keinen Betriebsrat haben wollen, nehmen sie es eben in Kauf, dass der AG seine Maßnahmen ungehindert umsetzen kann. Solange es immer nur die anderen trifft und nicht mich selbst ...

    Die besondere Fürsorgepflicht, die für Schwerbehinderte gilt, kann dein Kollege nicht für sich in Anspruch nehmen. Dennoch gibt es ein paar Verpflichtungen, auf die dein AG Rücksicht nehmen muss.

    Zum einen wird er ohne vorheriges Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM, § 84 Abs. 2 SGB IX) kaum mit einer krankheitsbedingten Kündigung durchkommen. Auch bei häufigen Kurzerkrankungen wird es in der Summe mindestens sechs Wochen Fehlzeit pro (Zeit-)Jahr geben, bevor eine solche Kündigung in Betracht gezogen werden kann. Die sechs Wochen sind aber gleichzeitig der Schwellenwert zum BEM-Gespräch. Die Verpflichtung dazu besteht auch, wenn es keinen BR im Unternehmen gibt.

    Zum anderen ist der Betrieb verpflichtet, eine arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Betreuung zu gewährleisten (DGUV V 2). Wenn es krankmachende Verhältnisse im Betrieb gibt, ist das ein Thema für den Betriebsarzt oder den Sicherheittechniker. Diese sollen den Arbeitsplatz in Augenschein nehmen und beim AG auf Abhilfe drängen.

    Zudem ist die Frage, ob die neue Arbeitsplatzsituation ausreichend in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt wurde, die für alle Arbeitsplätze zu erstellen ist. Auch hierauf müssen Betriebsarzt und Sicherheitstechniker achten.

    Nun kann es natürlich sein, dass sich dein AG weder um die BEM-Verpflichtung noch um die DGUV V 2 schert und den Mitarbeiter trotzdem kündigt. Für diesen Fall hat der dann hoffentlich vorgesorgt und besitzt eine Rechtsschutzversicherung oder ist Gewerkschaftsmitglied. Im anschließenden Kündigungsschutzverfahren könnte er die Versäumnisse des AG sehr gut zu seinen Gunsten verwenden.

    Allerdings - und nun nehme ich die AG-Position ein - sollte dein Kollege durchaus darüber nachdenken, was er tun kann, um seine eigene Gesundheit zu stärken. Ein AG muss es nicht als gegeben hinnehmen, dass einzelne Mitarbeiter immer höhere Ausfallzeiten vorweisen. Es ist legitim, ein Fehlzeitengespräch zu führen und dabei auf mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen - im Sinne eines letzten Mittels - hinzuweisen.

    Da rutscht der "Beschuldigte" dann gerne in eine Verteidigungshaltung: "Ich kann doch nichts dafür, mein Grundleiden ist daran schuld, und außerdem der Betrieb, und die Welt ist sowieso böse zu mir ...". Dass z.B. ein chronisch Rückenkranker möglicherweise Ausgleichssport treiben könnte oder jemand mit labilem Gesundheitszustand endlich einen Reha-Antrag stellen sollte, wird dabei (vom Kranken) gerne verdrängt.

    Gruß,
    werner
    Spare in der Zeit, dann hast du in der Not: Hast du keine Rechtsschutzversicherung und bist kein Gewerkschaftsmitglied? Dann kannst du jetzt mit den gesparten Beiträgen den Anwalt selbst bezahlen ...
    Sicherheitshalber der Hinweis: Ich bin kein Jurist und gebe hier nur meine persönliche Meinung wieder, basierend auf einem mehr oder weniger großen Erfahrungsschatz.

    Kommentar


    • #3
      AW: Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen

      Zitat von Struwel Beitrag anzeigen
      Hallo,

      ich habe mir einige Beiträge in diesem Forum zu dem Thema "Kündigung wegen Krankheit" und einige im Netz veröffentlichte Erläuterungen zur Zulässigkeit angeschaut.

      Zu dem hierunter geschilderten Fall in einem Unternehmen mit mehr als 10 Beschäftigten bitte ich um eure Hilfe zu folgender Frage:

      Hätte der Arbeitgeber nicht eine gewisse Fürsorgepflicht, z.B. durch Anpassung der Arbeitsbedingungen, oder gilt die Fürsorgepflicht lediglich für Schwerbehinderte?


      Sachverhalt:

      Ein kaufmännischer Angestellter ist, bisher noch ohne anerkannten Behinderungsstatus, chronisch krank. Er nimmt spezielle Medikamente, die seine Arbeitskraft erhalten. Unvermeidbare Nebenwirkungen dieser Medikamente machen ihn jedoch viel anfälliger für Krankheiten (z.B. Erkältungen durch ständige Zugluft, was ohnehin schon eine Belastung für einen "gesunden" Menschen wäre).

      Unvorteilhafte Bedingungen am Arbeitsplatz tragen leider erheblich dazu bei, dass wiederholt Kurzerkrankungen (Dauer: 3-7 Tage) eintreten. Der Arbeitgeber hat die ungünstigen Voraussetzungen aber erst vor einigen Monaten geschaffen und ist wider besseres Wissen nicht bereit etwas daran zu ändern, obwohl Abhilfe problemlos möglich wäre.

      Gestern wurde dem o. g. Arbeitnehmer mündlich mit einer Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen gedroht.

      Ein Betriebsrat ist nicht vorhanden, weil ein Großteil der Belegschaft die Wahl eines solchen leider nicht unterstützen will.
      Bei häufigen Kurzerkrankungen wird geprüft, ob auch in Zukunft immer wieder mit krankheitsbedingten Ausfällen zu rechnen ist.Wenn ja, geht dies zu Lasten des Gekündigten. Behautet der AN, seine Gesundheit sei wiederhergestellt und entbindet er seinen Hausarzt von der Schweigepflicht, hat der AG darzulegen und zu beweisen, dass die Gesundheitsprognose negativ ist. Es ist natürlich zu beachten, ob durch die Ausfälle erhebliche betriebliche Interessen beeinträchtigt werden.Auf jedenfall würde ich bei einer krankheitsbedingten KÜ einen Anwalt für Arbeitsrecht zu Seite nehmen.
      Gruß FS
      In einem guten Wort ist Wärme für drei Winter!

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      • #4
        AW: Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen

        Hallo Werner,

        vielen Dank für deine Nachricht. Ich habe nicht damit gerechnet, dass sich jemand die Zeit für eine so ausführliche Antwort nimmt. Nun bin ich wieder etwas schlauer.

        Wenn ich nun deine Schilderung aus Sicht des AG und die Antwort von FS richtig verstehe, dann kann mein "Kollege" letztendlich nur noch auf Anerkennung einer Schwerbehinderung hoffen bevor er herauskomplimentiert wird.

        So wie ich ihn verstehe ist die Grunderkrankung bereits austherapiert, d.h. seine Medikamente sind die einzig mögliche Therapie. Eine Reha ist in seinem Fall keine angemessene Maßnahme. Nur leider schwächen die Medikamente, ohne die er langsam aber sicher unter großen Schmerzen verkrüppeln würde, unvermeidbar seine Abwehrkräfte. Dadurch ist er anfälliger für z. B. Infektionskrankheiten als ein Mensch mit intaktem Immunsystem. Und die ungünstigeren Arbeitsbedingungen treffen ihn besonders hart. Deshalb die häufigen Kurzerkrankungen, die sich seiner Schilderung nach seit den verschlechterten Arbeitsbedingungen häufen. Das Problem hat er bei dem Fehlzeitengespräch angesprochen, ist jedoch auf taube Ohren gestoßen.

        Es deutet sich an, dass der AG diesen AN noch vor einer eventuellen Anerkennung einer Schwerbehinderung "entsorgen" will. Glücklicherweise hat der AN vorgesorgt.

        Ich find die ganze Geschichte einfach nur traurig und drücke dem Kollegen ganz fest die Daumen.

        Noch einmal Danke für deinen hilfreichen Beitrag.

        Gruß,
        Struwel

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        • #5
          AW: Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen

          ... und, lieber Werner, was ich noch hinzufügen möchte, ich bin vollkommen bei Dir, was die Gründung eines Betriebsrates betrifft. Das sollte sich wirklich jeder hinter die Ohren schreiben, der dies bisher nicht für erforderlich gehalten hat. Denn es kann schließlich jeden treffen.

          Gruß
          Struwel

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