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Arbeitszeitkonto ohne Vereinbarung im Arbeitsvertrag

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  • Arbeitszeitkonto ohne Vereinbarung im Arbeitsvertrag

    • Kann ein Arbeitszeitkonto ohne Vereinbarung im Arbeitsvertrag einseitig vom Arbeitgeber angelegt werden?
    • Welche Anforderungen an die Transparenz und mögliche Einsichtnahme durch den Arbeitnehmer bestehen?
    • Wie ist eine Lohnkürzung/Lohnrückforderung möglich bzw. anzusetzen?


    Fallbeispiel:


    In einem Arbeitsvertrag wird eine 40 Stunden Woche vereinbart. Die Bezüge des Arbeitnehmers besten aus einem Grundgehalt und einer monatlich auszuzahlenden Provision am Umsatz. Das Führen eines Arbeitszeitkontos wird nicht im Arbeitsvertrag vereinbart. Die Dokumentation des Arbeitsanfangs und des Arbeitsendes sind auch keine betriebliche Übung.

    Der Arbeitnehmer erscheint in der ersten 3 Monaten seiner Anstellung gelegentlich aufgrund unvorhergesehener Verspätungen öffentlicher Verkehrsmittel morgens zu spät zur Arbeit. Das verspätete Erscheinen wird vom Arbeitgeber mündlich angesprochen und es wird um Pünktlichkeit gebeten, ohne dass Konsequenzen angedroht werden oder formal eine Abmahnung ausgesprochen wird.

    Durch regelmäßige Mehrarbeit in der Mittagspause und am Abend gewinnt der Arbeitnehmer den Eindruck, dass die morgendlichen Fehlzeiten mehr als ausgeglichen wurden, zumal der Arbeitgeber auch keine Kompensation durch weitere Mehrarbeit anspricht oder ein Lohnkürzung vornimmt.

    Nach 3 Monaten kündigt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer fristgerecht während der Probezeit aus betrieblichen Gründen. Im Kündigungsschreiben wird der Arbeitnehmer unter Fortzahlung seiner Bezüge und unter Anrechnung sonstiger Ansprüche (Resturlaub) über 1 Monat bis zum Ende der Kündigungsfrist freigestellt. Das Grundgehalt wird für den Monat der Freistellung ebenfalls voll ausgezahlt.

    Nach dem Ausscheiden verlangt der Arbeitgeber die über den Anstellungszeitraum vom Arbeitgeber nicht ausgezahlte und vertraglich vereinbarte Provision am Umsatz. Dieses lehnt der Arbeitgeber ab, da er die Nichtauszahlung der Provision als Kompensation für das verspätete Erscheinen zur Arbeit während der ersten 3 Beschäftigungsmonate versteht.

    Als Nachweis über die Fehlzeiten präsentiert der Arbeitgeber ein von ihm eigenhändig geführtes Arbeitszeitkonto über den Arbeitnehmer mit negativer Stundenzahl. Das Führen eines Arbeitszeitkontos war jedoch nicht im Arbeitsvertrag vereinbart gewesen. Während des Beschäftigungszeitraumes war der Arbeitnehmer nicht über das über ihn geführte Arbeitszeitkonto informiert worden und er hatte während der 4 Monate der Beschäftigung zu keinem Zeitpunkt Einsicht in dieses gehabt. Die nach Ansicht des Arbeitnehmer geleistete Mehrarbeit in der Mittagspause und am Abend hatte im Arbeitszeitkonto keine Berücksichtigung gefunden.
    • Kann das ohne Vereinbarung im Arbeitsvertrag eigenständig vom Arbeitgeber geführte Arbeitszeitkonto zur Grundlage einer nachträglichen Lohnkürzung gemacht werden?
    • Ist das Arbeitszeitkonto aufgrund der fehlenden Transparenz und der während des Beschäftigungszeitraumes nicht möglichen Einsichtnahme und Kontrolle durch den Arbeitnehmer als Berechnungsgrundlage statthaft?
    • Ist eine Lohnrückforderung bzw. Verrechnung mit der einbehaltenen Provision nachträglich möglich, nachdem der Arbeitgeber während des Beschäftigungszeitraumes keine Lohnkürzung vorgenommen oder einen anderen Ausgleich eingefordert hat?
    • Ist das nachträgliche Präsentieren eines nicht vereinbarten Arbeitszeitkontos und die Lohnrückforderung nach über 4 Monaten durch Verrechnung mit der einbehaltenen Provision als rechtlich unhaltbar und bloße Schikane des Arbeitgebers zu werten?

    Vielen Danke für alle Anregungen und Kommentare!

  • #2
    AW: Arbeitszeitkonto ohne Vereinbarung im Arbeitsvertrag

    der AG kann sich auf 812 BGB berufen
    wie er seinen Herausgabeanspruch nachweist, ist seine sache, es kann ihm niemand verbieten, stundenaufzeichnungen zu führen, das muß auch nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart sein

    der AN könnte sich auf Entreicherung (BGB 818 Abs.3) berufen,
    Entreicherung wird generell angenommen, wenn der Empfänger keinen Gewinn aus der Bereicherung gezogen hat, sondern die Zahlung für den Lebensunterhalt verbraucht hat.

    er könnte sich auf evtl. ausschlußfristen im arbeitsvertrag berufen (wobei die einzelvertraglich mindestens 3 mo betragen müssten)

    er könnte sich auf treu und glauben (242 BGB) berufen (er musste nach dieser zeit nicht mehr damit rechnen, daß ihm die fehlzeiten abgezogen werden)
    zudem dürfte auch bei berechtigten gegenrechnungen der pfändungsfreie betrag nicht unterschritten werden

    er könnte sich auf § 315 BGB Abs. 2 berufen, daß der AG die vereinbarte arbeitsleistung per erklärung abrufen müsste, was er bzgl. der fehlzeiten anscheinend nicht gemacht hat

    er könnte eine gegenrechnung aufmachen über wie geschilderte mehrarbeit

    der AN müsste lohnklage einreichen
    und dann entscheidet ein richter

    "Büro ist wie Achterbahn fahren, ein ständiges Auf und Ab. Wenn man das dann auch noch täglich 8 Stunden machen muß, dann kotzt man halt irgendwann" STROMBERG

    Kommentar


    • #3
      AW: Arbeitszeitkonto ohne Vereinbarung im Arbeitsvertrag

      Welche Antworten hat Dir denn juraforum.de gegeben? ;-)
      mfg, Aktivist

      Ich gebe keine Rechtsberatung, sondern äußere nur meine Meinung.

      Franz Beckenbauer:
      "Ja, gut. Es gibt nur eine Möglichkeit: Sieg, Unentschieden oder Niederlage."

      Kommentar


      • #4
        Rechtmäßig nur mit Vereinbarung

        Nach meinem Verständnis ist das Führen von Arbeitszeitkonten ohne eine konkrete Vereinbarung (Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Nebenabrede) nicht rechtmäßig.

        Sinn und Zweck eines Arbeitszeitkontos ist ja die Erfassung der Arbeitszeiten, um für AG und AN die tatsächlichen Arbeitszeiten festzuhalten und Kenntnis über Überstunden oder Minusstunden zu erhalten und so den weiteren Arbeitseinsatz planen/festlegen zu können.

        Dies war im beschriebenen Fall scheinbar nicht beabsichtigt gewesen, da der AN bis zu seinem Ausscheiden aus dem Betrieb keine Kenntnis von dem "Arbeitszeitkonto" hatte.

        Demnach handelt es sich ohne vertragliche Vereinbarung und ohne Kenntnis des AN nicht um ein Arbeitszeitkonto, sondern um eine eigenständige Arbeitszeiterfassung des AG, die ihm natürlich freisteht.

        Welche Beweiskraft diese "hinter dem Rücken"des AN erfolgte Arbeitszeiterfassung aber haben soll, wenn sie keiner betrieblichen Übung entsprach (also vermeintlich nur für diesen speziellen AN vom AG angelegt worden war) und keine Einsicht und Kontrolle (z.B. Gegenzeichnung der festgehaltenen Zeiten) durch den AN gegeben/vorgesehen war, bliebe der Einschätzung des Arbeitsgerichtes überlassen, das hier aber eher kritisch sein dürfte.

        Kommentar


        • #5
          AW: Arbeitszeitkonto ohne Vereinbarung im Arbeitsvertrag

          Hallo Katharina_Hegem !

          Zitat von Katharina_Hegem Beitrag anzeigen
          Nach meinem Verständnis ist das Führen von Arbeitszeitkonten ohne eine konkrete Vereinbarung (Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Nebenabrede) nicht rechtmäßig.

          Sinn und Zweck eines Arbeitszeitkontos ist ja die Erfassung der Arbeitszeiten, um für AG und AN die tatsächlichen Arbeitszeiten festzuhalten und Kenntnis über Überstunden oder Minusstunden zu erhalten und so den weiteren Arbeitseinsatz planen/festlegen zu können.

          Dies war im beschriebenen Fall scheinbar nicht beabsichtigt gewesen, da der AN bis zu seinem Ausscheiden aus dem Betrieb keine Kenntnis von dem "Arbeitszeitkonto" hatte.

          Demnach handelt es sich ohne vertragliche Vereinbarung und ohne Kenntnis des AN nicht um ein Arbeitszeitkonto, sondern um eine eigenständige Arbeitszeiterfassung des AG, die ihm natürlich freisteht.

          Welche Beweiskraft diese "hinter dem Rücken"des AN erfolgte Arbeitszeiterfassung aber haben soll, wenn sie keiner betrieblichen Übung entsprach (also vermeintlich nur für diesen speziellen AN vom AG angelegt worden war) und keine Einsicht und Kontrolle (z.B. Gegenzeichnung der festgehaltenen Zeiten) durch den AN gegeben/vorgesehen war, bliebe der Einschätzung des Arbeitsgerichtes überlassen, das hier aber eher kritisch sein dürfte.
          Aus meiner Sicht der Dinge scheint mir dieser Satz entscheidend:



          Zitat von Michi2007 Beitrag anzeigen
          Nach 3 Monaten kündigt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer fristgerecht während der Probezeit
          Grüsse,sueton
          Wenn man nicht weiß , wo man ist , kann man sich auch nicht verirren ! ( russ. Sprichwort )

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          • #6
            AW: Arbeitszeitkonto ohne Vereinbarung im Arbeitsvertrag

            Danke Sueton, aber warum scheint dir der Satz entscheidend:

            "Nach 3 Monaten kündigt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer fristgerecht während der Probezeit."

            Er sagt ja nichts darüber aus, ob ein Arbeitszeitkonto geführt wurde oder rechtsgültig vereinbart wurde. Letztlich sagt er nur, dass der Arbeitgeber sich vom Arbeitnehmer trennte.

            Unter der Hand heißt das natürlich auch, dass sich die beiden nicht ganz "grün" waren, so dass ein plötzlich aus dem nichts auftauchendes transparenzloses Arbeitszeitkonto schon ein gewisses "Geschmäckle" haben dürfte... meintest du das?

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