Form und Inhalt / Nichtigkeit und Anfechtungsgründe / Meldepflichten
Nachdem der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber Vereinbarungen bezüglich des Arbeitsverhältnisses getroffen haben, wird ein Arbeitsvertrag abgeschlossen.
Grundsätzlich bedürfen Arbeitsverträge keiner Form. Der Arbeitnehmer kann das Vertragsangebot des Arbeitgebers auch durch die tatsächliche Arbeitsaufnahme annehmen (§ 151 BGB).
In einigen Fällen ist durch Gesetz die Schriftform angeordnet (z. B. Anstellungsverträge der Krankenkassen und Berufsgenossenschaften). Weitaus häufiger sehen Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen die Schriftform für den Abschluss von Arbeitsverträgen vor. Auch die Parteien selbst (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) können für den Arbeitsvertrag eine Schriftform vorsehen.
Der Arbeitgeber hat jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen. Der Arbeitgeber hat spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentliche Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und sie dem Arbeitnehmer auszuhändigen (§ 2 Abs. 1 S. 1 NachwG). Diese Nachweispflicht ermöglicht Beweiserleichterungen zugunsten diejenige Arbeitnehmer, die keinen schriftlichen Arbeitsvertrag besitzen. Der Arbeitgeber wird daher von der Nachweispflicht entbunden, wenn dem Arbeitnehmer ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt worden ist, der alle erforderliche Angaben enthält (§ 2 Abs. 4 NachwG). Auch eine Änderung der wesentlichen Vertragsbedingungen ist dem Arbeitnehmer innerhalb der Monatsfrist schriftlich mitzuteilen.
In die Niederschrift sind mindestens die folgenden Vertragsbedingungen aufzunehmen (§ 2 Abs. 1 S. 2 NachwG):
Bei sog. 400-Euro-Beschäftigungen (geringfügig Beschäftigte) muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in schriftlicher Form darauf hinweisen, dass er durch die Ausübung seines Optionsrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung die Stellung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers erwerben kann (§ 2 Abs. 1 S. 4 NachwG).
Eine Verletzung der Nachweispflicht des Arbeitgebers hat jedoch auf die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages keinen Einfluss. Unterlässt der Arbeitgeber die Abfassung und Aushändigung der Niederschrift und erleidet der Arbeitnehmer dadurch einen Schaden – etwa das Erlöschen seines Vergütungsanspruchs durch eine Ausschlussfrist – so ist er zum Schadensersatz verpflichtet (§§ 284, 286 BGB): der Arbeitnehmer kann verlangen, so gestellt zu werden, als sei der Vergütungsanspruch nicht untergegangen.
Im Übrigen hat die Unterlassung der Schriftform prozessuale Konsequenzen: es werden dann Beweiserleichterungen zugunsten des Arbeitnehmers angenommen. In jedem Fall geht das Risiko von Missverständnissen und Unklarheiten zu Lasten des Arbeitgebers.
Der Arbeitsvertrag kann in seiner Gestaltung oder in Bezug auf einzelne seiner Klausel unwirksam sein. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der von Gesetzes wegen angeordneten Nichtigkeit des Vertrages und seiner Anfechtbarkeit.
1. Nichtigkeit
Als Nichtigkeitsgründe kommen in Betracht:
Nichtigkeitsgründe sind in der arbeitsrechtlichen Praxis eher selten anzutreffen.
2. Anfechtbarkeit
Wie jeder Vertrag kann der Arbeitsvertrag wegen Irrtums, arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung angefochten werden.
a) Wegen Irrtums
Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war (Inhaltsirrtum) oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte (Erklärungsirrtum), kann die Erklärung anfechten. Voraussetzung ist allerdings, dass der Irrtum beachtlich ist, wovon nur ausgegangen werden kann, wenn der Irrende die Erklärung "bei Kenntnis des Sachlage und verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben hätte" (§ 119 Abs. 1 BGB).
In Betracht kann der Irrtum über "Eigenschaften der Person kommen, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden" (§ 119 Abs. 2 BGB). Dies hat insbesondere für den Arbeitgeber von Bedeutung, indem er einen Arbeitsvertrag wegen des Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft seines Arbeitnehmers anfechten kann. Als verkehrswesentlich können Eigenschaften sein, wie Alter, Geschlecht, Sachkunde, Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit des Arbeitnehmers. Andere Eigenschaften, wie Krankheit, Schwangerschaft oder Schwerbehinderung sind nur bei der Verletzung der Offenbarungspflicht des Arbeitnehmers anfechtbar.
Die Anfechtung wegen Irrtums nach § 119 BGB muss unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat (§ 121 Abs. 1 BGB). Bei Arbeitsverträgen besteht jedoch eine Ausnahme, wonach die Anfechtung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der maßgeblichen Tatsache erklärt werden kann.
b) Wegen arglistiger Täuschung
Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung bestimmt worden ist, kann sie nach § 123 Abs. 1 BGB anfechten.
Täuschung bedeutet jedes Verhalten, durch das bewusst eine unrichtige Vorstellung erzeugt, bestärkt oder aufrechterhalten wird. Dies kann entweder durch positives Tun erfolgen, also etwa durch Vorspiegeln, Unterdrücken oder Entstellen von Tatsachen. Möglich ist auch eine Täuschung durch Unterlassen, also insbesondere das Verschweigen von Tatsachen, sofern der Erklärende zur Offenbarung der fraglichen Tatsache verpflichtet ist. Subjektiv ist Vorsatz erforderlich, also das Wissen darum, dass die Fachinformation oder die unterlassene Aufklärung für die Entscheidung des Erklärungsgegners von entscheidender Bedeutung war.
Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung wird z. B. dann angenommen, wenn ein Bewerber im Rahmen der Einstellungsvereinbarungen vor Abschluss des Arbeitsvertrages auf zulässige Frage des Arbeitgebers wahrheitswidrig antwortet oder Umstände, die er ungefragt hätte offenbaren müssen, bewusst verschweigt.
c) Wegen widerrechtlicher Drohung
Ein Anfechtungsrecht hat schließlich auch derjenige, der durch widerrechtliche Drohung zum Abschluss des Arbeitsvertrages bestimmt worden ist (§ 123 Abs. 1 BGB). Eine Drohung setzt objektiv die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus, dessen Zufügung in irgendeiner Weise als von der Macht des Ankündigenden abhängig hingestellt wird.
Die Anfechtungsfrist beträgt hier ein Jahr.
3. Rechtsfolgen von Nichtigkeit und Anfechtung
Hinsichtlich der Rechtsfolgen eines nichtigen oder angefochtenen Arbeitsvertrages ist danach zu differenzieren, ob das Arbeitsverhältnis aufgenommen und somit "in Vollzug" gesetzt worden ist oder nicht.
a) Vor Aufnahme des Arbeitsverhältnisses
Hat der Arbeitnehmer den Dienst noch nicht angetreten, gilt der Vertrag von vornherein als unwirksam. Bei der Nichtigkeit der einzelnen Klausel gilt die Vermutung, dass ihre Nichtigkeit nicht zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages führt.
Die Anfechtung des Arbeitsvertrages hat die Konsequenz, dass er rückwirkend, also von Anfang an, als nichtig angesehen wird (§ 142 Abs. 1 BGB). Zwischen den Parteien bestanden und bestehen keine arbeitsrechtlichen Rechte oder Pflichten. Allerdings kann der Anfechtende unter Umständen wegen des Vertrauensschadens ersatzpflichtig sein (§ 122 BGB).
b) Nach Aufnahme des Arbeitsverhältnisses
Haben die Parteien den Arbeitsvertrag übereinstimmend in Vollzug gesetzt – insbesondere durch die Aufnahme der Arbeit – und erweist er sich erst später als fehlerhaft, so ist nach den Grundsätzen von einem "faktischen Arbeitsverhältnis" auszugehen, das für die Vergangenheit trotz seiner fehlerhaften Grundlage als vollwirksam betrachtet wird.
Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer für die Zeit seiner Tätigkeit alle vertraglichen Ansprüche behält, insbesondere die auf Vergütung, Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Eine Rückwirkung der wechselseitig erbrachten Leistungen ist ausgeschlossen, weil sie bei faktischem Arbeitsverhältnis nur für die Zukunft beseitigt werden können.
Mit Abschluss des Arbeitsvertrages entstehen für den Arbeitgeber eine Vielzahl von Meldepflichten, insbesondere gegenüber den Trägern der Sozialversicherung. Doch auch im weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses können ihn die verschiedensten Anzeige-, Mitteilungs- oder Meldepflichten treffen.
1. Melde- und Anzeigepflichten
Gemeint ist hier die Verpflichtung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, den hoheitliche Stellen, insbesondere die Sozialversicherungsträger und die Finanzbehörden, unaufgefordert über bestimmte, rechtlich relevante Umstände in Kenntnis zu setzen.
Bei Verletzung der Melde- und Anzeigepflichten bleibt die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages unberührt. Bei einem Unterlassen der sozialversicherungspflichtigen Meldepflichten durch den Arbeitgeber können sich jedoch Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers ergeben.
Die wichtigsten Melde- und Anzeigepflichten des Arbeitgebers sind:
2. Vorlage und Aushändigung der Arbeitspapiere
Der Begriff der Arbeitspapiere umfasst im weiteren Sinne sämtliche Dokumente, die im Zusammenhang mit Beginn, Durchführung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses relevant sind.
a) Vorlagepflicht des Arbeitnehmers
Von jedem Arbeitnehmer sind vorzulegen:
b) Aushändigungspflichten des Arbeitgebers
Gegenüber jedem Arbeitnehmer:
Auch die Nichtvorlage der Arbeitspapiere durch die jeweils verpflichtete Partei hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages.
Der Arbeitgeber soll die ihm ausgehändigten Arbeitspapiere sorgfältig aufbewahren und sie nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer zurückgeben. Er haftet bei Verlust und Beschädigung für den dadurch verursachten Schaden, trägt also gegebenfalls die Kosten der Neuerstellung der Dokumente und den Verdienstausfall seines ehemaligen Mitarbeiters.
Die Inhalte dieser Expertenrubrik wurden freundlicherweise von Rechtsanwalt Christoph Burgmer aus der Rechtsanwaltskanzlei "burgmer rechtsanwälte" in Düsseldorf zur Verfügung gestellt.